Tunesien-Liebe

Unterhalt in Tunesien

Unterhaltsverpflichtungen von Tunesiern




In Tunesien gibt es von Gesetz wegen drei Arten der Unterhaltsverpflichtung, sie richten sich sämtliche nach dem Personenstandsgesetz "Code du Statut Personnel" (§§ 37-53):

  1. In aufsteigender väterlicher und mütterlicher Linie (Eltern und Großeltern und darüber hinaus in väterlicher Linie)
  2. In absteigender Linie (Kinder)
  3. Gegenüber der Ehefrau

Sämtlichen Unterhaltsverpflichtungen ist gemein, daß sie die Kosten für Wohnung, Kleidung, Essen, Ausbildung und Krankheit umfassen, die notwendig sind, um die Existenz zu sichern und die sich im Einklang mit den üblichen Ausgaben (Brauch und bisheriger Lebensstandard des Empfängers) befinden.
Nachkommen sind stets vor den Vorfahren, und der Vater vor dem Großvater unterhaltspflichtig (mit anderen Worten zuerst die Kinder, danach die Eltern, danach die Großeltern einer Person).
Wer selbst genug verdient, um seine Existenz und seinen Lebensstandard zu sichern, der hat in Tunesien auch keinen Unterhaltsanspruch!


zu 1)
Eine Person ist zum Unterhalt gegenüber Vater, Mutter und den Großeltern in väterlicher und mütterlicher Linie verpflichtet. In väterlicher Linie auch gegenüber Ur-Großeltern, Ur-Urgroßeltern, etc.

Sind mehrere Personen gleichrangig unterhaltsverpflichtet (also z.B. die Kinder gegenüber ihren Eltern), so muß jede dieser Personen (egal, ob Sohn oder Tochter) zum Gesamtunterhalt nach ihrer Möglichkeit beitragen. Wer wenig verdient, trägt also wenig bei und wer viel verdient, der muß viel beitragen.

Die Unterhaltsverpflichtung besteht unabhängig von einem späteren Erbe, es muß jeder beitragen, ganz egal, ob er später etwas erben wird, oder nicht.


zu 2)
Kindesunterhalt für Söhne muß mindestens bis zum 18.Lebensjahr und höchstens bis zum 25. (bei Studium) gezahlt werden, Kindesunterhalt für Töchter dagegen so lange, bis sie verheiratet sind (und damit dann die Unterhaltspflicht auf den Ehemann übergeht). Kindesunterhalt für behinderte Kinder muß lebenslang gezahlt werden.


zu 3)
Die Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes gegenüber seiner Ehefrau entsteht durch den Vollzug der Heirat, also in engerem, definitivem, Sinne durch den ersten Geschlechtsakt nach der offiziellen Hochzeit.
Kommt der Ehemann danach seiner Unterhaltsverpflichtung jedoch nicht nach, so kann ein Richter ihm dazu 2 weitere Monate Zeit geben und danach, falls der Mann weiterhin keinen Unterhalt leistet, die Ehe scheiden. War sich allerdings die Frau bei der Eheschließung darüber im klaren, daß ihr Mann "arm" ist und seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen kann, dann kann sie jedoch auch keine Scheidung wegen fehlenden Unterhaltes fordern.

Verläßt ein Mann seine Ehefrau und läßt sie unterhaltslos (also ohne Geld/Zahlung der laufenden Kosten) zurück, so kann eine Scheidung bereits nach einem Monat ausgesprochen werden.

Die Unterhaltsverpflichtung des Mannes für seine Ehefrau endet regelmäßig nach der Wartezeit für eine Scheidung, wenn die Frau vom Gericht keinen Unterhalt zugesprochen bekam (unverschuldete Scheidung, Kinder).

Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern gibt es in Tunesien in einer Ehe nur eine uneingeschränkte Unterhaltsverpflichtung des Mannes - die Frau ist nur dann verpflichtet, zum Unterhalt in der Ehe beizutragen, wenn es in ihren Möglichkeiten steht (sie also Vermögen oder gutbezahlte Arbeit hat)!

Durch das oben gesagte erschließt sich auch, aus welchen Gründen tunesische Frauen einen großen Wert darauf legen, daß ihr zukünftiger Ehepartner solvent ist und Vermögen, sowie eine feste Arbeitsstelle bzw. sogar beides hat. Das hat nichts mit dem Streben nach Geld und Gut zu tun, sondern mit der Vorsorge für das potentielle Risiko einer für sie existenzbedrohenden Lebenssituation.

Die gesetzliche Regelung über das Entstehen der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehefrau sollte darüber hinaus auch keine Unklarheiten über den Charakter einer Eheschließung bzw. eines Ehevertrages in Tunesien, und generell in islamisch geprägten Ländern, übrig lassen.
Morgengabe (Mahr) UND Unterhalt sind beide zwingend an den ersten Vollzug (und nicht etwa nur den Bestand) der Ehe geknüpft, erst dann hat die Frau einen Unterhaltsanspruch und erst dann darf sie die vertraglich vereinbarte Morgengabe behalten (erhalten darf sie sie schon vorher, denn sie hat umgekehrt auch das Recht, bei nicht gezahlter Morgengabe den Vollzug zu verweigern).

Etwaigen Aussagen, die gerne gegenüber Europäern gemacht werden, etwa daß der älteste Sohn die Familie unterhalten muß, oder derjenige, der in Europa wohnt, sind schlicht und einfach, und oft auch vorsätzlich, falsch und entsprechen allenfalls einer lokalen (Familien)Tradition, jedoch nicht den tunesischen Gesetzen.

Jedes Kind ist gleichfalls unterhaltsverpflichtet und jeweils nach seinen Möglichkeiten. Ein reicher Geschäftsmann in Tunesien muß seinen Eltern daher auch mehr Unterhalt zahlen, als ein armer Bruder in Europa.



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